Die erste Etappe für Gustls wiederholte Soldatenkarriere ist Ingolstadt. Die Jahrgänge 1897 bis 1900 werden am 26. August 1939 zum Teil einberufen, die noch älteren Jahrgänge nur vereinzelt. Gustl und auch die beiden 1897 geborenen Willi und Konrad werden zum zweiten Mal eingezogen, sie haben alle schon den 1. Weltkrieg als Soldaten erlebt. Gustl hatte es noch im Oktober 1918 erwischt, im zarten Alter von 18 Jahren, er war wohl nicht mehr an aktiven Kriegshandlungen beteiligt. Und jetzt wird der 39-jährige aus seinem Leben gerissen, mitten aus dem brummenden Textilwaren- und Schuhgeschäft und als Vater von zwei Kindern, der Kleine noch nicht den Windeln entwachsen. Vermutlich hatten sie alle bis zuletzt gehofft, dass es keinen Krieg geben würde und wenn doch, dass Gustl dann vielleicht nicht gleich eingezogen würde. Wir wollten im Februar 2022 ja auch nicht glauben, dass Putin die Ukraine angreift, obwohl die russischen Truppen dort schon wochenlang konzentriert worden waren.
Gustl setzt sofort den schriftlichen Kontakt in Gang, die erste Karte ist verschollen, die zweite hier:

Hier an dieser Kirche schließt sich unsere Kaserne an.
Ingolstadt, den 30.8.39
Liebste Luise!
Inzwischen wirst Du meine erste Karte schon erhalten haben. Unter obiger Adresse kannst du mir jetzt schreiben. wie geht es Euch? Urlaub werden wir vorerst keinen bekommen, sonst geht es mir gut. Einen schönen Gruß von Nihsebeck, er ist in meiner Kaserne. Wünsche habe ich keine. Sei recht herzlich gegrüßt und auf baldiges Wiedersehen
Dein Gustl
Abs. Schütze Weidemann Aug.
2. Ersatz Kompanie Ingolstadt
Flandernkaserne
Ingolstadt, den 31.8.39
Liebste Luise!
Erst heute komme ich dazu, Dir einen richtigen Brief zu schreiben. Bei mir ist soweit alles in Ordnung. Die Behandlung ist wirklich anständig, ein Anschreien oder grobes Benehmen gibt es nicht. Wir werden als alte Krieger in jeder Weise bevorzugt. Das Essen ist sehr einfach aber reicht leicht aus. Heute mittag habe ich in der Kantine am Rundfunk gehorcht und habe an Dich gedacht, daß Du auch gerade am Rundfunk horchen wirst. Ich hoffe, daß es nicht mehr all zu lange dauern wird und daß wir uns bald wiedersehen. Hoffentlich geht es Euch allen gut auch geschäftlich wird es ja ziemlich ruhig bei Euch sein. In meinem Zimmer sind zwei Kameraden, die aus Obermenzing sind ein „Unger“ & ein Eierer. Wir sind lauter Ältere, extra zusammen getan und das ist sehr angenehm. Vorerst brauchen wir mit einem Fortkommen nicht rechnen. Einen Ausgang bekommen wir kaum. Sollte es der Fall sein, dann kann ich es Dir glaube ich, vorher noch mitteilen. Wie geht es Otti & Peterle? Hoffentlich ist der Otti brav. Wenn du geschäftlich etwas nicht weißt, dann schreibe nur gleich, daß ich dir Bescheid geben kann. Mit gleicher Post schreibe ich an Mama eine Karte. Wie geht es Konrad? Wenn Du seine Adresse weißt, schicke ihm Geld, denn das kann er auf jeden Fall brauchen. Mir braucht Ihr nichts schicken, ich habe heute noch einige Eier und diverses. Was macht die Oma & der Opa? Habt Ihr recht viel Arbeit, wenn ich nichts zu tun habe, denke ich immer, daheim wäre soviel Arbeit, und ich muß hier herumstehen. Grüße mir alle Bekannten, ist Frau Koch immer zur Aushilfe? Wie geht’s in Untermenzing? Auch Grüße an Familie Niggl. Sei nun recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem Gustl.
Nochmals an alle herzliche Grüße und auf ein baldiges Wiedersehen
Gustl
Gustl ist unruhig. Er ist froh, Altersgenossen und andere Obermenzinger in seiner Nähe zu haben, aber dass er nicht weiß, was zu Hause vor sich geht, treibt ihn um. Er wird sich daran gewöhnen müssen.
Luises erster Brief ist auf einem Rechnungsformular geschrieben. Das mit dem Papier scheint so eine Sache zu sein, gerade in der ersten Zeit schreibt Luise auf verschiedene Zettel, Rechnungen, Quittungsvordrucke und einmal sogar auf Millimeterpapier, das sie wohl aus Ottis Schulranzen entwendet hat. Briefpapier oder kariertes Papier in DIN A 4, was sie später am häufigsten für ihre Briefe verwenden wird, scheint sie am Anfang nicht im Haus zu haben. Ihr Brief ist nicht datiert, müsste aber vom 30. 08. 1939 sein, da Gustl sich in seiner Antwort vom 01. 09. 1939 darauf bezieht.

Liebster Gustl!
Habe schon sehnsüchtig auf eine Nachricht von dir gewartet. Bin glücklich daß es dir soweit gut geht. Im Geschäft hat sich nicht viel geändert, da wir ohne Bezugsch[eine]. nichts verkaufen dürfen & die sind noch nicht ausgegeben für Textil- und Schuhwaren. Am Dienstag hatten wir geschlossen, die Schuhwarengesch[äfte]. in Mün[chen]. sind noch zu. Die Leute können es nicht fassen, daß sie nicht mal Strümpfe ohne Schein kaufen können und wir müssen immer dasselbe den Leuten erzählen. Die Liste für den Einzelhandel die wir erhalten sollen, haben wir noch nicht bekommen. Auch haben wir eine Lagerbestandsaufnahme gemacht. Im Vormittag bin ich in UMenz. & Nachm. ist Frau Koch drüben. Willi ist auch einberufen in einer Schule in München hat deine Mutter angerufen. Anni, Konrad seine Frau hat noch keine Nachricht & ist sehr unglücklich. Aber wir alle hoffen auf eine friedliche Lösung. Abends bleibe ich immer sehr lange auf um Nachrichten zu hören die Buchführung macht wir wohl etwas Kopfzerbrechen aber es geht schon. Wenn du nur schon wieder da sein könntest, ich habe schrecklich Zeitlang. Peter ist gesund & wie immer sehr übermütig auch Otti fehlt nichts. Sonst nichts neues mehr. Habe eben wieder gehört, daß die Große Gefahr bereits vorüber sei & es gäbe keinen Krieg dann bin ich wieder etwas beruhigt und freue mich auf recht baldiges Wiedersehen. Alle lassen dich recht herzlich grüßen. Tausend Küsse.
Deine Luise
Grüße auch vom Personal
Lieber Papa komm recht bald heim zu uns ich habe Sehnsucht nach dir Dein Otti mit Peterle
Habe oft unterbrechen müssen muß immer wieder in Laden. Nochmals grüßt & küßt Dich deine lb. Frau
Sie schreibt „Die Schuhwarengeschäfte in München“, daran sieht man, dass sie sich nicht zu München zugehörig fühlen. Auch bei uns hieß es früher immer noch „wir fahren in die Stadt“, wenn wir mit der S-Bahn ins Zentrum gefahren sind, das ist geblieben.
„UMenz“ steht für Untermenzing und bezieht sich auf die Filiale des Geschäfts.

Diese Filiale in Untermenzing, manchmal heißt es auch Hartmannshofen, was da die offizielle Bezeichnung ist, weiß ich bis heute nicht genau, war eine Ecke in einem Wohnhaus, ein enges Lädchen, an das ich mich auch noch erinnere. Für mich gab es, wenn ich meine Mama dorthin begleitete, kaum ein Eckchen, wo man mich mit Malblock und Buntstiften verstauen konnte. An Kunden kann ich mich überhaupt nicht erinnern, ich glaube, die beste Zeit des Geschäfts war da schon lange vorbei. Da ich nicht im Kindergarten war, muss ich immer wieder mal dort gewesen sein, ich erinnere mich aber nur an eine Szene, wo ich mit ein paar Münzen ins nahe gelegene Tante-Emma-Lädchen geschickt wurde, wo ich mir ein Mars kaufen durfte.
In meiner Erinnerung war das Lädchen direkt nebenan im gleichen Haus, wenn ich aber auf Google Street View versuche, meinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, dann sehe ich, dass es zumindest ein Haus weiter gewesen sein muss. Eingeprägt hat sich diese Szene, weil ich aufgeregt sofort beim Eintreten nach meinem Mars verlangte und vom Besitzer des Kiosks freundlich lachend darauf hingewiesen wurde, dass i scho wartn müsst, bis i dran wär. Ich war die Letzte in einer Schlange von 3 oder 4 Leuten und bin dann bis zum Erhalt des Marsriegels in Schamesröte an meinem Platz in der Reihe gestanden. Schade eigentlich, dass sich einem grade solche Szenen so ins Hirn brennen.
Weiter geht’s mit ihren Briefen:
Ingolstadt, den 1.9.39.
Liebste Luise!
Habe heute Deinen Brief mit Freuden erhalten und danke Dir recht herzlich dafür. Es hat sich ja inzwischen allerhand geändert, aber ich hoffe doch auf ein schnelles Ende. Ich habe bis heute noch immer Arbeitsdienst getan und habe vorerst noch keine Ausbildung, da wird noch mehr Zeit vergehen, bis ich fortkomme und bis dahin kann es wieder aus sein. Wegen der Buchführung mache Dir kein Kopfzerbrechen, das werden wir hernach schon in Ordnung bringen. Es ist eines Teils gut, daß es Bezugscheine gibt, sonst wäre in kurzer Zeit der Laden leer. Auch hast Du dann vorerst nicht soviel zu besorgen. Daß alles gesund ist, bin ich froh und hoffentlich, liebes Luiserl, bist Du recht gut beisammen und laß Dich nur nicht unterkriegen, es wird alles wieder gut werden. Daß Willi zum Militär mußte, tut mir sehr leid, aber es ist halt so, es trifft jeden. Hoffentlich geht es Konrad gut, ich denke, er ist an einem Ort, wo die Post zur Zeit nicht befördert wird, da teilweise für ausgesprochene Feldpost 10-tägige Sperre ist. Hoffentlich kannst du nachts gut schlafen. In meinem Zimmer sind auch verschiedene ältere Jahrgänge bis zu 46 Jahren. In Menzing werden nicht mehr viel Männer sein? Vertreter werden wenig kommen und dann wird auch nichts mehr zu bestellen sein. Hier haben Kameraden erzählt, daß Soldaten in jedem Laden Ware bekomme, was sie wünschen. Scheinbar gibt es da eine Ausnahme. Wir haben heute Luftschutzübung und da muß ich jetzt mit dem Schreiben aufhören, denn bei Licht kann man fast nicht schreiben und es wird jetzt schon dunkel (7.20). Sei recht herzlich gegrüßt und viele Busserl Dein lieber Gustl
Herzliche Grüße an Alle, auch an das Personal.
Gustl!
Obermenz. 6. Sept. 1939
Liebster Gustl!
Endlich komme ich dazu, dir einige Zeilen zu schreiben, denn ich wollte gestern schon schreiben, war mir jedoch nicht möglich. Es ist jetzt 10 Uhr Abends & ich bin eben mit der Kasse fertig. Wir haben im Geschäft jetzt sehr viel zu tun. Bezugsscheine werden viele ausgegeben, & die Leute müssen sich sehr lange darum anstehen. Wir hatten heute zusammen von beiden Geschäften eine Buchung von 400 Mark. Auch habe ich Ware ausgezeichnet. Nun will ich dir auch noch schreiben, wann wir nach Hause gekommen sind und zwar um 12 Uhr. Der Zug hatte auf jeder kleinen Station gehalten & dachten wir daß er auch in Obermenzing halten würde. Dies war jedoch nicht der Fall. Durch die Verdunkelung konnte man nichts sehen & Frau Unger ist in Dachau ausgestiegen um zu fragen & hatte an das Fenster geklopft ich sollte sitzen bleiben, da der Anschluß sehr spät wäre & so sind wir bis München gefahren in der Meinung auf Anschluß nach Obermenzing. Das war nicht der Fall, es ging kein Zug mehr. Nun sind wir mit der Straßenbahn & dann zu Fuß nach Hause, Otti hatte Bauchweh & war schrecklich müde. Frau Unger habe ich in München nicht mehr gesehen durch die Verdunkelung war es ein Durcheinander. Aber dessen ungeachtet werde ich dich am Sonntag wieder besuchen und warte von dir auf Nachricht, ob du Ausgang bekommst, denn daß du selbst kommen kannst, das wird mir ein Traum bleiben. Frau Giese habe ich den Brief hingeschickt & sie ist daraufhin zu mir gekommen. Sie würde ebenfalls am Sonntag nach Ingolstadt fahren und soll ihr Mann sie verständigen. Ich habe ihr gesagt, daß du mich am Samstag wahrscheinlich anrufen würdest & vielleicht kannst du mir von Ihrem Mann etwas ausrichten denn sie kommt am Samstag gegen Abend nach Oberm[enzing]. zu mir um etwas zu erfahren, ob sie kommen soll, ob Herr Eierer kommt. Schreibe mir auch was ich dir mitbringen soll. Politisch haben wir auch wieder etwas Hoffnung, denn wir haben gehört daß Frankreich nicht angreifen will. An den Schiffen & Eisenbahnzügen wären Anschriften Deutsche schießt nicht, wir schießen auch nicht & das soll auf Wahrheit beruhen. In der Hoffnung daß Alles wieder gut wird und recht bald sogar schließe ich & verbleibe deine dich liebende Frau.
Von Allen die besten Wünsche Anni hat vom Konrad auch wieder eine Karte, die 3. aus Dobrichovice erhalten.
Bei Herrn Vanner habe ich Strümpfe bestellt & und heute hat Herr Pfeiffer nach U.Menz. Strümpfe gebracht die Du schon vor langer Zeit bestellt hast. Es ist gleich 12 Uhr nun sei nochmals gegrüßt & geküßt von Deiner Luise.
Habe eben noch die Morgen Post abgewartet, war leider von dir nichts dabei. Auf baldiges Wiedersehen deine Luise
Schaue ständig im Kasten nach Post von dir.
2. Karte von Konrad in der Nähe v. Pilsen b./Galizien in der Nähe von de Hohen Tatra
Luise benutzt kaum Kommas, aber nach anfänglicher Irritation mag ich den ununterbrochenen Erzählfluss, der dadurch entsteht. Die kurzen Sätze und zusätzlichen Bemerkungen nach ihrer Abschiedsformel, die fast immer „Auf baldiges Wiedersehen deine Luise“ lautet, sind meistens quer an die Ränder geschriebene Texte. Teilweise nutzt sie jede freie Stelle auf dem Papier.
Ingolstadt. den 8.9.39
Liebste Luise!
Eben habe ich durch Windorfer Deinen lieben Brief erhalten und danke Dir herzlich dafür. Leider habe ich Dir selbst nicht schreiben können, da ich am Dienstag früh einen Anfall bekam. Bin nun soweit wieder ganz gut beisammen, aber bin immer noch im Revier. Meine Kameraden von der Kompanie haben am Samstag & Sonntag Urlaub und dürfen heimfahren, leider ist da bei mir nicht der Fall. Wenn es nicht ganz leicht geht, dann brauchst Du am Sonntag wirklich nicht kommen, denn ich hoffe auf nächste Woche dann bestimmt auf Urlaub. Ich schreibe hier im Bett. Abgehen tut mir garnichts. Hoffentlich ist bei Euch alles wohl auf. Auch bei uns hört man zur Zeit bessere Nachrichten über die ganze Lage. Wollen das Beste hoffen. Ich war der Meinung, daß Du meinen Koffer, den ich am Dienstag früh zum zurücksenden fertig machte, schon erhalten hast, aber derselbe ist bis heute noch garnicht abgesandt. In demselben wäre ein Brief gelegen. Sei nun recht herzlich gegrüßt & geküßt und Grüße an Alle. Wenn Du mich besuchen solltest, dann ist meine Adresse: Revier neben Flandernkaserne. Aber es ist besser, Du kommst nicht.
nochmals herzliche Grüße Gustl.
Als Briefadresse bleibt die alte wie bisher.
Ich habe keinen Schimmer, worum es sich bei diesem „Anfall“ handeln könnte, es scheint aber doch ernsthaft genug zu sein, dass er aus dem laufenden Betrieb herausgenommen wird und ins „Revier“ umgezogen wird, was eine Art Lazarett zu sein scheint. Drei Tage später ist er auf jeden Fall immer noch dort:
Ingolstadt, 11.9.39
Liebste Luise!
Habe heute Nachmittag Deinen lieben Brief erhalten & danke Dir herzlichst dafür. Es ist besser, daß Du nicht gekommen bist, obwohl ich mich sehr nach Dir sehne. Es freut mich, daß es Dir gut geht, und daß ihr alle gesund seid. Was mich anbetrifft, geht es gesundheitlich schon wieder besser. Hoffentlich geht es Konrad auch wirklich gut, um das Geschäftliche kümmere Dich nicht, das ist jetzt nicht so wichtig, es wird hernach alles wieder in Ordnung zu bringen sein, meine Kameraden haben mir leid getan, weil sie sich schon so darauf gefreut haben, daß sie Urlaub bekommen und dann war es nichts. Der Windorfer war heute bei mir und sagte mir daß er zu den Fliegern versetzt wird. Wegen Sonntag weiß ich heute leider noch nichts. Auf jeden Fall bekommt man vom Revier aus keinen Urlaub. Laß Alle recht herzlich grüßen auch Mama & Willi, hoffentlich darf er in München bleiben. Sei auch Du recht herzlich gegrüßt & geküßt und freue Dich auf ein baldiges Wiedersehen Dein Dich liebender Gustl.
Auch ein Bussi an Peter
Brauchen tue ich garnichts, höchstens Hosenträger & die kann ich auch hier besorgen lassen.
Und zwei Tage später der nächste:
Ingolstadt, den 13.9.39
Liebste Luise!
Hoffentlich hast Du meinen Brief, den ich Dir am Montag auf Deinen Brief von Sonntag schrieb, erhalten. Ich muß nämlich immer erst jemand darum ersuchen, den Brief mitzunehmen und da kann es schon vorkommen, daß einer den Brief garnicht aufgiebt. Auch kann man nicht alles genau mitteilen. Herr Pfeiffer hat mir auch inzwischen geschrieben. Ich kann natürlich nicht zusagen, wenn ich die Ware nicht sehen kann. Wenn es Dir möglich ist, das Zeug anzusehen, und wenn Du es brauchen kannst, dann kaufe es. Die Ware würde Mk. 200.- kosten und ist angeblich 1/3 unter Einkaufspreis. Wenn Du es zu teuer findest, oder nicht vorteilhaft, dann laß es lieber sein. Sonst geht es mir wieder gut und ich hoffe, daß auch Du, liebe Luise gut beisammen bist. Wegen Sonntag kann ich Dir heute leider noch nichts mitteilen. Vielleicht ist es mir irgendwie möglich, Dich vorher telephonisch zu erreichen. Solltest Du am Sonntag nach Ingolstadt fahren, dann fahre lieber Mittags, daß Du erst nachmittags zu mir kommst und vielleicht in Ingolstadt übernacht bleibst. Warum, sage ich dir mündlich. Mitbringen brauchst Du mir gar nichts, da mir im Allgemeinen das Essen, das ich hier bekomme, zuviel ist. An Mama habe ich bis jetzt noch nicht geschrieben, denn ich tue mich sehr schwer, da ich im Bett bleiben muß und deshalb nicht gern schreibe. Ich glaube aber, daß ich diese Tage wieder aufstehen muß, es ist auch soweit wieder gut. Herr Pfeiffer hat Telefon, Du kannst also in der Angelegenheit bei Ihm anrufen. Wenn Du Dich über etwas im Unklaren bist, dann nimm es mit, wenn Du mich besuchst, und vielleicht kann ich es selbst erledigen. Politisch hoffen wir hier auch immer, daß es glatt geht. Sei nun recht herzlich gegrüßt und geküßt. Dein lieber Gustl! Recht viele Grüße an alle Lieben und freundliche Grüße ans Personal & alle Bekannten.
Postkarte an:
Schütze August Weidemann
Ingolstadt
Flandernkaserne
2. Ersatz Kompanie
Obermenzing 14.9.1939
Liebster Gustl!
Habe gestern deinen lb. Brief erhalten & danke Dir herzl. dafür. Wegen Deines Gesundheitszustandes mache ich mir die größten Sorgen, da ich nicht bei dir sein kann, um dich selbst zu pflegen. Aber hoffentlich wirst du bald wieder gesund und schreibe mir was ich tun soll am Sonntag so frühzeitig daß ich mich einrichten kann. Das Geschäft ist meistens sehr streng, da die Leute alles kaufen, was sie auf Bezugschein ausgestellt bekommen. Auch die Kundenliste für Nähseide, Faden & Stopfgarn macht viel Arbeit & es kommen auch viele fremde Kunden, wie immer bei solchen Fällen. Kurzwaren geht sehr gut, Stopfgarn können wir nurmehr 2 Stück verkaufen um einigermaßen auszukommen. Finanzamt hat kein Geld angenommen da es ausgefüllt werden muß, was mir jedoch nicht möglich ist, da ich mich nicht auskenne, nun müssen sie warten, vielleicht bekommst Du doch einmal Urlaub. Konrad hat einen langen Brief geschrieben es geht ihm wirklich gut auch er freut sich auf ein baldiges Wiedersehen. Hat Dir Herr Pfeiffer geschrieben? Was soll ich tun mit dem Posten. Es tut mir leid Dich zu plagen, nachdem du krank bist. Entschuldige daß ich Dir nur eine Karte schreibe, aber komme am Tag nicht dazu und ist jetzt schon gleich 12 Uhr. Also sei recht herzlich gegrüßt & geküßt Deine Luise.
Recht gute Besserung.
Ingolstadt 25.9.39.
Liebste Luise!
Hoffentlich bist Du gut heimgekommen und bist gut beisammen. Was mich anbetrifft, bin ich soweit wieder ganz gut beisammen. Die Kameraden vom Zimmer sind recht nett zu mir, besonders der Eierer ist ein recht guter Kerl. Ich habe heute Innendienst gehabt und bei einem der Unteroffiziere schriftliche Arbeiten zu erledigen. Vielleicht bekomme ich am Samstag auch einen Urlaub, dann teile ich es Dir nach Möglichkeit noch vorher mit. Politisch scheint sich noch nicht viel geändert zu haben. Ich habe mich gestern schon um 6 h in Klappe gelegt, habe aber bis 12 h nicht einschlafen können und um ¾ 1 Uhr sind erst die Münchener angekommen. Hoffentlich bis Du dieses mal schneller heim gekommen wie das letzte Mal. Liebste Luise, schau nur, daß Du Dich nicht so sehr sorgst um mich, es wird hoffentlich alles wieder gut werden, ich weiß daß es Dir gestern sehr arg war, Du bist gestern schwerer gegangen wie sonst, aber gib nur die Hoffnung nicht auf, dann werden wir es schon zwingen. Sei nun recht herzlich gegrüßt & geküßt und grüße alle recht herzlich von mir, bis auf ein baldiges Wiedersehen.
Nochmals herzliche Grüße & Küsse Dein Gustl.
Ingolstadt d. 28.9.39
Liebste Luise!
Habe heute früh erst Deinen lieben Brief bekommen und danke Dir herzlichst dafür. Hoffentlich hast Du inzwischen auch meinen Brief schon erhalten. Mir geht es zur Zeit wieder besser, da ich an einen Unteroffizier zum Arbeitsdienst abgestellt bin und weiter keine anstrengende Arbeit habe. Für den Sonntagsurlaub haben wir eingegeben, kann Dir aber leider nicht mit Bestimmtheit sagen, ob ich einen kriege. Sollte ich am Samstag nicht heimkommen, dann kommst Du doch zu mir, liebe Luise. Es würde mich schon recht freuen, wenn ich heimkomme, wenns aber nicht sein kann, dann kommst halt Du, vielleicht haben wir diesen Sonntag schöneres Wetter, dann haben wir den ganzen Tag Zeit, aber lieber käme ich schon heim. Nun, wir wollen das beste hoffen. Alles Andere mündlich. wenn es mir möglich ist, rufe ich vorher wieder an, aber bestimmt kann ich es nicht sagen. Jedenfalls soll der Urlaub meines Wissens nach, von Samstag abend bis Sonntag abend dauern. nun sei recht herzlich gegrüßt & geküßt von Deinem
Dich liebenden Gustl.
Recht herzliche Grüße an alle.
Ingolstadt, 2.10.39
Liebste Luise!
Bin gut heimgekommen und ist soweit alles in Ordnung, wenn man es so sagen kann. Sonst hat sich noch nicht viel ereignet, politisch haben wir heute noch garnichts gehört. Wir haben wohl etwas Hoffnung und denken, daß wir auch nicht enttäuscht werden. Heute sind schon einige Mann aus Polen zurückgekehrt, die direkt von der Front kamen. Wir sitzen eben beim Abendessen es ist kurz vor 8 h und das heutige Tageswerk ist beendet. Liebe Luise, was die gestrige Angelegenheit betrifft, mache Dir keine Sorgen, es wird schon wieder alles zum Guten kommen, sie ist halt so und wir können sie nicht mehr ändern. Vielleicht kommt der Konrad zurück, nachdem so viele aus Polen kommen. Vielleicht kannst du mir die Adresse von Konrad mitteilen, dann schreibe ich Ihm auch. Ich bin nur froh, daß ich am Sonntag alles schriftliche erledigen habe können, jetzt bin ich wieder mehr beruhigt. Ich hoffe, daß ich nächsten Sonntag auch wieder heim fahren kann, aber allerdings wird es vor Samstag nachts nichts werden, aber es würde auch so recht sein. Hoffentlich geht es dem Otti wieder besser und Peter wird sowieso wohl auf sein. Sei nun recht herzlich von Deinem Gustl gegrüßt & geküßt und vergiß alles Andere, es ist nicht zu ändern. Auch herzliche Grüße an Alle
nochmals Gruß & Kuß Dein Gustl.
Ingolstadt 4.10.39
Liebste Luise!
Hoffentlich hast Du meinen Brief vom Montag den 2.10. erhalten. Habe heute auf einen Brief von Dir gehofft, ist aber leider nicht eingetroffen. Heute haben wir um Urlaub eingegeben. Hoffentlich bekomme ich auch einen. Nach Möglichkeit rufe ich Dich an. Politisch hat sich immer noch nichts geändert, wir warten von Tag zu Tag auf eine Klärung, hoffentlich dauert es nicht mehr all zu lange und wir können ein frohes Wiedersehen feiern. Hoffentlich ist Otti inzwischen wieder gesund und geht es Euch allen gut. Habt Ihr schon etwas von Konrad gehört? Heute sind wieder einige aus Polen zurückgekehrt. Dieselben sind glücklich, wieder in der Heimat zu sein. Eben kommt ein Kamerad und bringt uns die Mitteilung, daß die 8h Nachrichten nichts Neues brachten, aber trotzdem wollen wir die Hoffnung nicht aufgeben und nicht verzagen. nun liebe Luise sei recht herzlich gegrüßt und geküßt und grüße mir alle recht herzlich bis auf Wiedersehen
Dein Gustl
Diesesmal werde ich nicht vor Samstag nachts ca 10 h heimkommen „wenn ich Urlaub bekomme“
Ingolstadt 5.10.39
abends. 8 h
Liebste Luise!
Eben habe ich deinen lieben Brief bekommen und habe mich sehr gefreut, denn ich war schon in Sorge, da es schon Donnerstag abends ist und noch keine Nachricht von Dir da war. Daß Otti wieder besser beisammen ist, bin ich schon froh, hoffentlich geht es bei Dir, liebe Luise auch wieder gut herum, denn wenn Du krank würdest, wäre mir das Ärgste, wo ich nicht daheim sein kann. Wir sind schon alle bis aufs Äußerste auf die morgige Reichstagsrede gespannt. Aber ich glaube es kommt auch da noch zu keiner endgültigen Entscheidung. Wenn ich heute noch Zeit habe, dann schreibe ich auch noch an Konrad. Wir haben diesesmal schon Sorge, ob wir am Samstag in Urlaub dürfen, nachdem es zur Zeit so kritisch ist. Hoffen wir das Beste. Ich bin heute Abend fast ganz allein, da die anderen Kameraden alle zum Kegeln in die Stadt gegangen sind und da kann ich in Ruhe schreiben und bin ganz bei Dir, liebe Luise. Morgen werde ich auf der Brust geimpft! Wegen der Textilzeitung rufst Du am besten bei der Wirtschaftsgruppe Einzelhandel, Fachgruppe Bekleidung (Textil & Leder) an, oder schau die Drucksachen, die im Wareneingangsbuch gelegen haben, nach da ist unter Anderem auch eine Druckschrift dieses Fachblattes dabei, wo die genaue Anschrift dieser Fachzeitung angegeben ist. Daß du die Kassenberichte machen kannst, ist viel wert, da dann alles viel leichter nachzutragen ist und auch für Dich eine bessere Übersicht ist. Die Lichtschleuse ist ganz richtig, wie Lürtzing sagt. Sei nun recht herzlich gegrüßt und geküßt von Deinem dichliebenden Gustl und auf baldiges Wiedersehen. Herzliche Grüße an Alle
Ingolstadt, den 16.10.39
Montag abends.
Liebste Luise!
Bin gut angekommen und bin schon wieder im allmählich gewohnten Geleise. eben habe ich von Konrad eine Karte bekommen, datiert vom 12. 10. Aus Radotin bei Prag. Scheinbar ist er noch am selben Platz. Bei uns ist noch alles beim alten, und ich hoffe, daß wir in Ingolstadt bleiben und wird auch wieder ein Sonntagsurlaub herausschauen, wenn sich nicht inzwischen ein Wunder ereignet. Von dem Gesuch habe ich bis jetzt noch nichts erfahren. Hoffentlich geht es Dir wieder besser. heute waren wir beim Gefechtsschießen. Ich durfte mit dem Lastauto hin- & zurückfahren. Was der morgige Tag bringt, weiß ich noch nicht. Politisch habe ich heute noch garnichts erfahren.
Sei nun recht herzlich gegrüßt & geküßt von Deinem Gustl.
Herzliche Grüße an alle
Obermenzing 17. X.39
Dienstag Abend
Liebster Gustl!
Habe heute vergeblich auf einen Brief von dir gewartet hoffentlich bist du in Ing. gut angekommen. Mein Gesundheitszustand ist immer noch gleich, bin immer schwindlich. Gestern Montag mußte ich bald zu Bett gehen. Heute war ich bei Leutze und würde äusserst zuvorkommend bedient. Für Otti habe ich das Gewünschte besorgt. Auch war ich bei Holzner & W. das Telefonamt hat angerufen, wegen Eintragung der 2. Telef. No. wie es lauten soll Filiale oder wie sonst? Politisch hat sich nicht viel geändert, hoffe jedoch immer auf eine friedl. Lösung. Gehe jetzt zu Bett und warte bis Morgen Früh die Post wird mir bestimmt einen Brief von dir bringen & schreibe dann weiter.
Mittwoch früh
Eben deinen lb. Brief erhalten bin froh, daß du wieder gut angekommen bist. Habe heute Nacht wieder schlecht geschlafen. Die Grube soll diese Woche gemacht werden. Lürtzing hat es wieder im Kreuz. Von Konrad ist z. Zt. ein Kamerad in München. Anni konnte zu ihm hingehen. Er selbst hat auch um Urlaub eingegeben aber ob mit Erfolg das ist fraglich. Näheres erfahre ich durch Anni am Dienstag. Das Geschäft ist jetzt sehr ruhig durch die Neuregelung der Bezugscheine. Fa. Brügelmann muß die Karte in Ordnung bringen und soll in den Betrag ins Reine bringen. Der Tüll wurde in Abzug gebracht. Lege Karte bei. Freue mich auf unser Wiedersehen und verbleibe mit tausend Grüßen & Küßen
Deine Luise.
Wenn es nur schon wieder Samstag wäre.
An die Firma Brüg(g)elmann erinnere ich mich noch. „Kilg“ gab es auch. Das waren Geschäfte, in denen wir die Ware für unseren Laden besorgten, Zwischenhandel heißt das wohl. Diese Läden hatten keine schönen Auslagen, sondern waren in den Hinterhöfen von Industriegebieten. Ich erinnere mich an den Geruch, dieselbe Mischung aus metallisch und verstaubt, die auch in unserem Geschäft vorherrschte. Am meisten fasziniert war ich von den endlos langen Leitungen für die Rohrpost. Nach der Auswahl warteten wir dort darauf, dass unsere Bestellzettel mit einem Surren durch die Halle geschossen kamen und mit dem Plopp einer abrupten Bremsung zielsicher am Platz des für uns zuständigen Sachbearbeiters landeten. Wir kauften dort auch Sachen für uns ein, was mir eigenartig vorkam, dort gab es ja nur altmodische Sachen, verstaubt wie der Geruch. Ich wollte ja lieber zu C & A, da war es nicht so grau und verstaubt, aber ich glaube, das Olympia Einkaufszentrum, abgekürzt OEZ, gesprochen „Özz“, gab es zu der Zeit noch nicht, wir fuhren in die Stadt zum „Brenninkmeyer“.
Obermenz. 1. Novb. 1939
Liebster Gustl!
Es ist jetzt gerade Mittag 1 Uhr & kann deinen lb. Brief beantworten. Es hat sich wirklich nichts geändert seit Sonntag. Politisch Nachrichten wie immer ganz verschieden. Die einen hoffen bestimmt auf Frieden noch im November und die Anderen sagen das Gegenteil. War heute bei Lanenb. [?] die sagen ich hätte das Gesuch an die Industrie & Handelsk. richten müssen. das wäre mit zu 90 % Erfolg und wäre ein (…?).
Nun warte ich bis Sonntag vielleicht gibt es eine Änderung der allgemeinen Lage. Eben hat mich Herr Ranner angerufen, er war 2 Monate eingerückt & ist jetzt frei geworden. Er hat gesagt ich bekomme wieder Strü & Wolle aus Seide was. Er sagt nur die über 45 Jahre würden entlassen. Leider ist im November kein Feiertag & müssen uns auf Sonntag treffen. Gestern habe ich Löhne ausgezahlt bis auf Fr. Koch, die kommt heute dran & der Zins von Lürtzing habe ich 8.25 (… …?) geschickt bekommen, das ist alles noch v. Rückstand zu schicken [so, und jetzt gebe ich freiwillig auf…]

Der einzige Brief, bei dem ich es einfach mal gesteckt habe. Der Bleistift, mit dem sie geschrieben hat, war schon stumpf, das Geschriebene von der Rückseite drückt durch und dann hat sich im Umschlag auch die Schrift von der gegenüberliegenden Seite drauf abgerieben. Das gebe ich dann doch mal dem Vergessen anheim.
Ingolstadt den 6.11.39
Montag abends 9 h
Liebste Luise!
Eben habe ich noch ein Gesuch um Versetzung schreiben müssen, da es nur dann Gültigkeit hat, wenn es der Schütze selbst schreibt. Eine Entlassung ist vorerst nicht möglich. Nun, wollen wir hoffen, daß wenigstens die Versetzung nicht mehr all zu lange dauert. Bin gestern gut angekommen und soweit alles in Ordnung. Wegen Donnerstag Feiertag haben wir noch garnichts gehört, kann Dir also noch nichts mitteilen. Eine Festlichkeit wird auch in München nicht stattfinden. Vielleicht schaut wenigstens ein Tag Urlaub heraus. Ich muß mich beeilen, denn es ist schon ½ 10 Uhr und um 10 h muß alles in der Klappe sein und ich muß den Brief noch schnell hinuntertragen, dann geht er noch morgen früh um 5h mit der Post weg. Hoffe daß Du wieder besser beisammen bist, denn am Sonntag war es nicht ganz in Ordnung mit Dir, liebe Luise. Sei nun recht herzlich gegrüßt und geküßt von deinem Gustl. Auf baldiges frohes Wiedersehen und herzliche Grüße an alle
Gustl!
Ingolstadt, den 13.11.39
8h abends
Liebste Luise!
Wie alle Montage, so auch heute, noch schnell einige Zeilen, bevor ich ins Bett gehe. Bin gut angekommen und mein Katharr ist wieder etwas besser geworden. Habe heute erfahren, daß ich scheinbar wirklich versetzt werden soll, vielleicht wird es diese Woche noch etwas, dann könnte ich vielleicht auf einen halben Tag heimkommen. Nun, ich will das Beste hoffen, zu früh darf man sich nicht freuen. Habe heute ziemlich viel zu arbeiten gehabt und bin schon sehr müde. Hoffentlich sehe ich dieses Ingolstadt nicht mehr all zu lange. habe heute wieder eine schöne Wurst besorgt bekommen und werde Dieselbe hoffentlich recht bald überbringen. Vielleicht kann ich Konrad nochmal sehen, wenn ich unter der Woche schon kommen kann. Meinen Kamm habe ich auch vergessen, den hat mir Peter aus der Tasche gezogen und ist davon gelaufen und nachher habe ich darauf vergessen. Der Eierer ist ziemlich borniert, sonst würde er nicht immer so früh kommen, gestern wär er mir bald zuwieder geworden, denn auch am Bahnhof ist er wieder bis zuletzt geblieben. Hoffentlich geht es Dir gut, liebe Luise und ich freue mich schon bald auf ein recht baldiges Weidersehen. Sei nun recht herzlich gegrüßt & geküßt und recht viele Busserl von Deinem Gustl
Herzliche Grüße an alle.
Gustl.
„Katharr“! Wie lange habe ich dieses Wort nicht mehr gehört! Wir haben höchstens eine Erkältung heutzutags.
Ingolstadt, den 15.11.39
Mittwoch ½ 9 abends.
Liebste Luise!
Habe bis heute noch nichts von Dir erhalten, & hoffe, daß ich morgen mittag einen Brief von Dir bekomme. Leider muß ich Dich gleich am Anfang meines Briefes enttäuschen, und muß Dir mitteilen, daß es mit meiner Versetzung noch nichts ist, es war wieder einmal ein „Fata Morgana“. Bis jetzt liegt noch nichts vor, daß zu der Annahme berechtigen würde, daß ich noch München komme. Scheinbar war es ein Versehen meines vorgesetzten Unteroffiziers, der z. Zt. selbst in Urlaub ist. Sonst geht es mir wieder besser und ich bin froh, daß ich die Bronchitis so ziemlich überstanden habe. Heute sind unsere Kameraden beim Kegeln nur noch einer, der auch immer daheim ist, blieb auch heute zu hause. Wie es diese Woche mit dem Urlaub aussieht, weiß ich heute noch gar nicht. Es soll für Samstag auf Sonntag und für Sonntag auf Montag Wache eingeteilt werden und hoffentlich bin ich nicht dabei. Sollte es jedoch der Fall sein, dann hoffe ich dementsprechend später Urlaub zu bekommen und versucht, Dir noch schnellstens Mitteilung machen zu können. Konrad wird schon wieder unterwegs sein, man darf garnicht daran denken, daß es immer so weitergeht. Bei uns sind gestern 5 Mann von der Front zurückgekommen und sind entlassen worden, da sie Bau- und Metallarbeiter sind. Wenigstens ein Anfang vielleicht kommt das Glück auch noch zu uns, es ist garnicht auszudenken, daß es auch einmal wieder anders wird. Sei nun recht herzlich gegrüßt & geküßt von Deinem Gustl Gute Nacht. jetzt geht’s in die Heja. Grüße an alle.
Oberm. 21. XI. 39
Dienstag Abends 8 Uhr
Liebster Gustl!
Habe heute den ganzen Tag auf Nachricht gewartet, obwohl es nicht gut möglich ist vor Mittwoch Früh. Hoffentlich bekomme ich gute Nachricht von dir. Am Sonntag war im Vorm. Herr Lämmle da & seine Bekannte. Er hatte etwas benötigt & läßt dich vielmals grüßen, auch will er uns das nächste Mal etwas mitbringen v. Pfaffenh[ofen]. Es geht ihm gut & er hofft daß er da noch bleiben kann. Herr Eierer ist Abends gleich wieder gegangen. Betti & Hilde waren am Sonntag Nachm. auch da, natürlich hatten auch sie einen Wunsch, den ich befriedigen mußte. Frau Koch will diese Woche vormittag zu hause sein; denn wenn die Kleiderkarten kommen, dann kann sie nicht mehr weg im Dezember. Wäre selbst hinüber war aber nicht gut beisammen. Konnte gestern kein lautes Wort mehr sprechen, so daß die Kundschaft gesagt hat ich gehöre nicht in den Laden. Aber heute ist es gottseidank wieder besser & kann wieder sprechen. Im Geschäft ist so viel wie nichts los, da noch niemand seine Kleiderkarte hat & Bezugsscheine sind auch fast keine mehr ausgegeben worden. Schade, daß morgen kein Feiertag ist man hätte nichts versäumt. Nähmittel dürfen wir vorerst noch nicht abgeben. wer nicht warten kann, muß einem Bezugsschein beantragen, doch soll davon abgesehen werden, da dasjenige die Kleiderkarte erst am Schluß erhält. Herr Lanzenberger muß Herrn Hauptmann Holzer fahren verstehst du wohl? nach den Nachrichten wird jetzt immer ein neues Lied gespielt denn wir fahren gegen Engeland; Lotti meint das bedeutet vielleicht ein Angriff gegen England. Politisch nichts Neues. Nun gehe ich zu Bett vielleicht mache ich mir noch einen Halswickel & nehme ein Bad. In guter Hoffnung auf angenehme Nachricht verbleibe ich mit tausend Küssen
Deine Luise
Ingolstadt, 21.11.39
Liebste Luise!
Der schicksalhafte Tag ist vorüber und ist bis jetzt sehr gut hinausgegangen. Ich bin G. v. H. das heißt Garnisonsverwendungsfähig in der Heimat. Aber trotzdem weiß ich nicht, ob wir entlassen werden, denn man spricht heute davon, daß wir zu den Landesschützen überwiesen werden sollen. Auf jeden Fall kann es nicht mehr schlimmer werden und vielleicht werden wir doch entlassen. Ich bin gestern früh genug angekommen und hatte genügend Zeit gehabt, am Sonntag nachmittag zu schreiben, aber da habe ich noch nichts gewußt und war in banger Sorge. Es sind wenige, die so beurteilt wurden, die meisten sind wieder K. v. [kriegsverwendungsfähig] geworden und haben gar keine Freude daran. Eierer hat heute nacht in meinem Bett geschlafen, da ich ja Nachtdienst hatte. Heute morgen richtete er mir Deine Grüße aus und ich habe ich gefreut. Um ½ 11 Uhr wurden wir zum Arzt geführt und um 11 h war ich schon wieder zurück. Ich war der Erste, der daran kam und das war gut so, denn hernach gings immer schneller und wurde nicht mehr so genau genommen. Eierer geht heute noch fort und nimmt meinen Brief mit. Ich muß mich deshalb beeilen. Hoffentlich kann ich alles andere bald mündlich erzählen. sei herzlichst gegrüßt & viele Küsse Dein Gustl Grüße an Alle bis auf ein baldiges Wiedersehen, vielleicht schon in Zivil. Gustl
Das ist der letzte Brief aus Ingolstadt, Weihnachten ist Gustl daheim. Das ist aber nur das Präludium, danach geht es im Februar weiter, er muss er wieder einrücken, dann nach St. Georgen, das ist die nächste Geschichte.

Weiter geht es mit der 2. Etappe: Gustls und Luises Briefe – 2. Etappe St. Georgen
[…] Gustls und Luises Briefe – 1. Etappe Ingolstadt […]
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[…] dass es nach seiner Entlassung aus der Kaserne in Ingolstadt (die Briefe aus dieser Zeit sind hier: Gustls und Luises Briefe – 1. Etappe Ingolstadt) vorbei wäre für Gustl als Soldat, aber das hat nicht funktioniert. Im Februar 1940, gute drei […]
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